Die Europäische Zentralbank (EZB) hat mit ihrem Beschluss, den Leitzins ab Juli 2022 zu erhöhen, die Zinswende im Euroraum eingeleitet, um der starken Inflation entgegenzuwirken. Doch was sind die Folgen der erste Leitzins Anhebung seit 2011 und wie wirkt sie sich auf die Endverbraucherinnen und Endverbraucher aus?
In 19 Ländern des Euro-Währungsraums liegt die Inflation bei dem Rekord von 8,1 Prozent und veranlasste die EZB dazu, die Zinswende einzuleiten. Eine Maßnahme, die nach der Meinung von Fachleuten aus Politik und Wirtschaft früher hätte beschlossen werden müssen.
Die Wirkung des Leitzinses und wie die EZB ihn steuert
Die EZB kann mit dem Leitzins das allgemeine Zinsniveau steuern, indem sie die Geldmenge, die im Umlauf ist, beeinflusst. Ein niedriger Leitzins sorgt dafür, dass sich Banken mit günstigen Konditionen Geld bei der EZB leihen können und somit selbst günstige Kredite an Privatpersonen und Unternehmen vergeben können. Ein Kredit kann somit zu günstigen Konditionen und Zinssätzen aufgenommen werden und optimal zu den finanziellen Bedürfnissen möglich sein. Kreditnehmende profitieren in der Hinsicht somit davon. Auf diese Weise ist mehr Geld im Umlauf und Unternehmen sind in der Lage, Investitionen tätigen, zu wachsen und mehr Mitarbeiter einzustellen. Gleichzeitig kommen mehr Privatpersonen an günstigere Kredite und werden konsumfreudiger.
Diese Effekte wollte die EZB mit ihrer Niedrigzinsstrategie in den vergangenen Jahren erzielen. Zuletzt wurde die Strategie beibehalten, um die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Corona-Pandemie auszugleichen. Verschiedene Fakten zur Inflation in Deutschland sollten gekannt werden.
Eingreifen der EZB bei steigender Inflation
Die Hauptaufgabe der EZB ist es, für die Währungsstabilität im Euroraum zu sorgen, sodass der Euro gegenüber anderen Währungen nicht zu viel an Wert verliert. Dafür muss die EZB bei einer Rekordinflation, wie sie aktuell im Euroraum vorliegt, eingreifen und den Preissteigerungen entgegenwirken.
Als Konsequenz der Erhöhung des Leitzinses wird es für Banken teurer, sich Geld bei der EZB zu leihen. Diese erhöhten Kosten geben die Banken an ihre Kundinnen und Kunden weiter, indem sie die Zinsen der Kredite, die sie an Privatpersonen und Unternehmen vergeben, ebenfalls erhöhen. Auch Mirkokredite für Kleinunternehmer oder Selbständige mit einer geringen Kreditsumme sind davon betroffen. Auch wenn sie Teilweise als Startkapital dienen sollen, so werden sie nicht mehr günstig vergeben. In der Folge ist weniger Geld im Umlauf und die Konsumfreude der Privatpersonen sowie die Investitionsfreude der Unternehmen nehmen ab.
Die Kaufkraft und der Wert des Euro steigen und die Inflation nimmt ab. Die Aufgabe der EZB ist es also, das Gleichgewicht zwischen Preisstabilität und Wirtschaftswachstum mit Hinblick auf die Inflation zu halten. Dies ist besonders herausfordernd, da sich die Wirtschaftsleistungen der einzelnen Mitglieder des Euroraums teilweise stark voneinander abweichen. Mit dem Inflationsrisiko sollte sich stets auseinandergesetzt werden.
Bedeutung und Auswirkungen der Leitzinserhöhung
Die Erhöhung des Leitzinses durch die EZB sollte nicht nur gesamtwirtschaftlich, sondern auch individuell betrachtet werden. Was bedeutet die Leitzinserhöhung also für Sparerinnen und Sparer, Dispokredite, Geldanlagen, Mieten, den Hausbau oder Immobilienerwerb?
1. Sparerinnen und Sparer
Sobald sich der Leitzins erhöht, gibt es auch wieder mehr Zinsen auf das eigene Ersparte. Auch wenn sich das im ersten Moment gut anhört, steht den voraussichtlich 0,25 Prozent Zinsen immer noch eine Inflationsrate von bis zu 8,1 Prozent gegenüber.
Große Summen auf dem Konto liegen zu lassen und auf eine Rendite durch die Zinsen zu hoffen, lohnt sich also immer noch nicht. Außerdem ist fraglich, wann die Sollzinssätze dem veränderten Leitzins angepasst werden.
2. Dispokredite
All diejenigen, die mit ihrem Konto im Minus sind und Schulden angehäuft haben, können auch mit der Leitzinserhöhung keine Entlastung erwarten. Der Dispozins wird mit dem Leitzins steigen und das über den Dispokredit geliehen Geld wird teurer verzinst werden. Allerdings sinkt durch die Inflation auch der relative Wert der angehäuften Schulden.
3. Geldanlagen
In der Zeit, in der es keine Zinsen für Erspartes auf dem Sparbuch oder dem Tagesgeldkonto gab, sind viele Anleger dazu übergegangen, ihr Glück auf dem Aktienmarkt zu suchen. Der Aktienmarkt bringt zwar ein höheres Risiko mit sich, andererseits bietet er dafür überhaupt die Möglichkeit, eine Rendite zu erzielen. Allerdings besteht durch die anstehende Zinswende die erhöhte Gefahr für eine Rezession, also einem negativen Wirtschaftswachstum auf dem gesamten Markt.
4. Hausbau oder Immobilienerwerb
Durch die Corona-Pandemie ist der Hausbau und Immobilienerwerb auf dem Aufschwung und die Preise auf dem Immobilienmarkt sind rasant gestiegen. Die Unterbrechungen der globalen Lieferketten hat darüber hinaus für steigende Preise bei Baustoffen gesorgt. Zudem wird sich auch der steigende Leitzins negativ auf die Baukredite auswirken. Schon zu Beginn des Jahres haben sich die Bauzinsen von unter einem Prozent auf über 3 % erhöht.